Die aktuelle Lage im Ökolandbau
Ein Beispiel aus der eigenen Region

Harald Eusemann

Harald Eusemann

Rückgriff auf konventionelle Formen

Ein Landwirt aus Bergrheinfeld erklärt anhand seiner Situation die komplexe Problematik für den Ökolandwirt und warum er selbst aktuell in Vertragsverhandlungen mit konventionellen Händlern steht. Diese würden seine Bio-Rinder als Fleisch der Haltungsform 3 verkaufen.

Harald Eusemann ist gelernter Metzger und seit 1998 Leiter des Familienbetriebes. Wie die meisten Betriebe in der Region, betreibt auch die Familie Eusemann ihren Hof im Nebenerwerb, d. h. nach Feierabend mit einer normalen Vollzeitstelle. Sie bewirtschaften 34 ha Ackerfläche, halten 50-60 Rinder, etwa 40 Hühner, 4 ha Grünland und traditionsgemäß auch einen Waldanteil. Wie gesagt, nach Feierabend mit einer normalen Vollzeitstelle.
Landwirt in Offenstall wird von Kuh angestuppst

Im neuen Offenstall

Eusemanns müssen dank ihres Zuchtbullen zur Besamung keinen Tierarzt rufen, sondern lassen ihren Rindernachwuchs auf natürliche Weise entstehen. Die Kontrolle erfolgt über die gezielte Zusammenführung auf der Stellfläche deckreifer Kühe. Auf diese Weise haben die Eusemanns so um die zehn bis elf Mutterkühe. Diese bekommen eigene Weideflächen direkt am 2019 neu gebauten Offenstall. Eine schöne Umgebung für die Tiere.
Umsetzung der Weidehaltung

Für die übrigen Rinder ist allerdings nicht genug Fläche vorhanden, um sie gemäß der neuen Anordnung zur Weidehaltung. Das stellt das Ökokonzept der Familie grundsätzlich in Frage. Hinzu kommt die Preisentwicklung auf dem Lebensmittelmarkt. Und der Vertragspartner für Öko-Getreide ist 50 km entfernt. "Mit meinem Schlepper und 30km/h kann ich doch meinen Weizen nicht durch die Landschaft fahren, wenn sich das nicht rentiert", erklärt Harald Eusemann. "Und für das Fleisch bekomme ich beim konventionellen Händler im Moment sogar 30-35ct mehr pro Kilo als beim Bio-Händler. Von irgendwas muss ich ja meinen neuen Stall bezahlen in den kommenden 20 Jahren."

Persönliche Überzeugung versus finanzielle Zwänge

Die Familie hält eine vom Aussterben bedrohte Tierrasse, die Ansbach-Triesdorfer Rinder. Sie haben Freude an ihren Tieren und betreiben ihren Hof mit viel Liebe. Grund für die Umstellung im Jahr 2018 war Herr Eusemanns persönliche Erfahrung mit Pflanzenschutzmitteln bei seiner Arbeitsstelle: "Zur Umstellung auf Ökolandbau hat mich die jahrelange Arbeit mit den chemischen Mitteln bewogen. Ich hab‘ in einem Handelslager viele Tausend Säcke Pflanzenschutzmittel gelagert oder verladen. Meine Leberwerte wurden mit den Jahren immer schlechter, und irgendwann habe ich die Reißleine gezogen. Seitdem ich dort gekündigt habe, geht es mir gesundheitlich wieder deutlich besser. Und Gesundheit ist letztlich alles." Trotzdem steht sein Betrieb nun vor großen Herausforderungen.

Ansbach-Triesdorfer Rind

"Ich muss mir jetzt wirklich was Gutes einfallen lassen, damit wir weitermachen können."
Harald Eusemann

Innovative Kraft

Eusemann lässt sich von der schwierigen Situation nicht zum Aufgeben der Landwirtschaft bringen. Er plant eine weitere Umstellung. "Der Betrieb muss unabhängiger werden!" Ein eigener kleiner Zerlegeraum könnte eine gute Lösung sein. Als gelernter Metzger kann Eusemann hier in Bergrheinfeld seine Selbständigkeit ausbauen und viele Fahrwege, Fahrzeiten und Frachtkosten damit einsparen. Das lässt etwas hoffen. Die Eier aus Biohaltung kann man bei Eusemanns schließlich auch direkt am Hof kaufen. Die eigene Vermarktung wäre beim Fleisch von Vorteil und freuen würden sich bestimmt auch die Anwohner. Kurze Wege sind für alle gut.