Tierwohl, Rotteprozess und Rechtliches
Informationen zu Kompostierungsställen

Kühe in Kompostierungsstall

Den Kompostierungsstall kennzeichnet eine große Liegefläche, die regelmäßig mit Sägespänen, Hackschnitzeln oder Spelzen eingestreut wird. Die Fläche wird zwei- bis dreimal täglich mechanisch mit einem Grubber oder einer Fräße durchlüftet und regelmäßig nachgestreut.

Die Sauerstoffzufuhr, das kohlenstoffhaltige Einstreumaterial und das Kot-Harn-Gemisch der Tiere setzen einen Rotteprozess in Gang. Das Substrates erwärmt sich aufgrund der Verstoffwechselung der organischen Substanz durch Mikroorganismen. Die Temperatur steigt auf ca. 45 bis 65 °C. Keime werden durch die Heißrotte abgetötet (Hygienisierung), und die Flüssigkeit der tierischen Ausscheidungen kann verdunsten.

Unterschied zum Kompoststall

Das Endprodukt weist einen Trockensubstanzgehalt von ca. 40 bis 60 % auf und ist in der Zusammensetzung vergleichbar mit Kompost. Der Stickstoff ist stark organisch gebunden. Die Erwärmung unterscheidet das Haltungssystem klar vom sogenannten Kompoststall, in dem bereits fertig kompostiertes Material oder auch Seperatormaterial aus z. B. Biogasanlagen eingestreut wird.

Faustzahlen:

  • Platzbedarf 9 bis 15 m² pro Kuh
  • 6 bis 20 m³ Einstreu pro Tier und Jahr
  • Nachstreuen alle 2 bis 5 Wochen mit ca. 8 cm Schichtdicke
  • 2 bis 3 Mal täglich grubbern/fräsen
  • Ca. 75 cm Seitenwandhöhe der Liegefläche
  • Tier-/Fressplatzverhältnis wie bei Liegeboxenstall (1:1 – 1:1,5)
  • Endprodukt pH-Wert zwischen 8 bis 10
  • Je weiter das C:N Verhältnis der Einstreu, desto schneller läuft der Rotteprozess ab (schnellere Temperaturerhöhung)
  • Feuchtegehalt soll nicht über 65 % liegen. Zu wenig Luft führt zu Fäulnis!
  • Ideale Luftsättigung im Gemisch: 60 % (13 % Sauerstoff)
  • Einmal pro Jahr wird der Stall komplett ausgeräumt und der Prozess neu gestartet (Frühjahr)

Tierwohl

Vorteile für das Wohlbefinden der Tiere sind:

  • Mortellaro und andere Klauenprobleme werden durch das Gehen und Stehen auf dem trockenen Kompost zurückgedrängt
  • Brunst lässt sich leichter erkennen, da das Aufspringen auf rutschfestem Untergrund besser ausgeübt werden kann
  • Langes Liegen auf der warmen, sauberen und hygienisierten Fläche trägt zu gesunden Eutern bei, fördert die Milchproduktion und reduziert die Zellgehalte
  • Verringerung von Fundament- und Klauenschäden, Eutererkrankungen und Fruchtbarkeitsstörungen in fast allen untersuchten Betrieben
  • Tiere sind deutlich sauberer
  • Weniger Fliegen im Sommer
  • Phänomen der "toten Kühe": Kühe ruhen länger und entspannter
  • Bei sehr hohen Außentemperaturen sollten Ventilatoren bzw. Sprühnebelanlagen außerhalb des Liegebereiches installiert werden

Rotteprozess

Detailaufnahme Einstreu eines Kompostierungsstalles

© Dr. Martin Müller, ALB

Auf den Rotteprozess baut das Konzept des Kompostierungsstalles auf. Der Ablauf kann in seiner Intensität und Geschwindigkeit durch Materialzugabe und Zusammensetzung aktiv gesteuert werden. Essentiell sind Sauerstoffzufuhr und ein ausreichendes Angebot an Kohlenstoff. Der Prozessablauf sollte stetig kontrolliert werden.

Wichtige Maßnahmen sind:

  • Feuchte (50 bis 65 % in der Tiefe), Temperatur (45 bis max. 70 °C und pH-Wert Beginn ca. 5,5, nach 1/3 der Rottezeit ca. 7, Endprodukt >8) regelmäßig überprüfen
  • Wenn Matratze zu feucht wird, muss nachgestreut werden (ca. alle 2 bis 5 Wochen in einer Höhe von ca. 8 cm).
  • "Kugeltest": Aus dem Substrat wird mit den Händen eine Kugel geformt. Beim Zusammenpressen sollte kein Wasser austreten, Kugel sollte wieder zerfallen
  • Geruchstest: Substrat in ca. 20 cm Tiefe sollte einen Waldboden- oder erdähnlichen Geruch aufweisen. Ammoniakgeruch weist auf Probleme beim Kompostierungsprozess hin
  • Bei stockendem Kompostierungsprozess "nachfeuern" mit z. B. Dinkelspelzen (enges C:N Verhältnis)
  • Bei der jährlichen Entmistung (zu Beginn der warmen Jahreszeit) verbleibt eine ca. 20 cm Schichtdicke im Stall, diese "impft" die neu eingebrachte Einstreu
  • Eine möglichst hohe, offene Stallkonstruktion sorgt für eine optimale Luftzirkulation und Verdunstung auf der Liegefläche

Rechtliche Rahmenbedingungen

Die gesetzlichen Vorgaben von Seiten der Düngeverordnung unterliegen momentan einem stetigen Wandel. Es gilt die jeweils aktuellste Fassung der Düngeverordnung.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Der "Kompost" aus dem Kompostierungsstall ist rechtlich gesehen kein Kompost, sondern Festmist.
  • Es gelten dieselben Sperrfristen wie für Festmist von Huf- und Klauentieren.
  • Der Flüssiganteil Gülle halbiert sich in etwa im Vergleich zu konventionellen Haltungssystemen, somit auch der Lagerraumbedarf für die flüssige Phase.
  • Der Lagerraum Festmist ist derzeit ein Monat, ab 2020 zwei Monate. Da nur ca. einmal im Jahr gemistet wird, ist genügend Lagerraum im Stall selbst vorhanden.
  • Wird Material an andere Betriebe abgegeben, so greift die Verordnung über das Befördern und Inverkehrbringen von Wirtschaftsdüngern. Es muss eine Meldung an die LfL erfolgen bzw. entsprechende Lieferscheine geführt werden.
  • Der "Kompost" muss aus pflanzenbaulicher Sicht nicht zwischengelagert werden, er kann direkt ausgebracht werden.
  • Das Gemisch sollte jeweils vor dem Ausbringen auf seine Hauptnährstoffe hin untersucht werden.